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Die Pietà als Reliquienhülle
Der ausgemergelte Körper
Vesperbild, 1430/1440, Skulptur aus Lindenholz, 68 x 32 x 15 cm, Inventar-Nr. 2114
Diese Pietà ist 68 cm hoch und besteht aus Lindenholz. Sie weist kleine Löcher durch Insektenbefall auf. Außerdem hat sie ihre Farbigkeit weitgehend verloren.
Hier sitzt Maria aufrecht mit einem - gemessen an ihrer eigenen Körpergröße - deutlich kleineren Jesus auf ihrem Schoß. Mit ihrer rechten Hand stützt sie seine Schulter, sodass ihr toter Sohn halb aufgerichtet ist. Ihr linker Arm liegt auf seinen Oberschenkeln. Sie trägt ein langes, ehemals blaues Kleid mit einem grünen Kopftuch. Marias Blick ist auf Jesus gerichtet, ihr Mund ist geschlossen, doch eine klare Mimik lässt sich aufgrund der Farbabplatzungen nicht mehr in ihrer ursprünglichen Form erkennen.
Das tote Kind
Jesus ist bei dieser Pietà in Relation zu Maria wesentlich kleiner dargestellt und wirkt dadurch beinahe kindlich. Seine Statur scheint in den Armen der Mutter sehr zerbrechlich. Sein Kopf ist leblos in den Nacken gesackt, sein Gesicht zugleich aber noch dem Betrachter zugewandt. Dieses wirkt verblichen, sodass kein Ausdruck mehr darin zu lesen ist. Sein überlängter rechter Arm hängt weit nach unten, reicht aber wie die Beine nicht bis zum Boden hinab.
Eine leere Hülle
Auffällig ist hier die Darstellung der Rippen Jesu, die sehr deutlich hervortreten, während die Lanzenwunde nur bei genauer Betrachtung zu erkennen ist. Dagegen sind die Wundmale der Hände deutlich sichtbar. Bis auf Farbreste an einer runden Vertiefung in seiner Brust und ein paar roten Blutflecken an seinem Hals ist keine Farbfassung mehr auszumachen. Die auffällige Aushöhlung hält man möglicherweise im ersten Moment für eine übertriebene Darstellung der Lanzenwunde, doch wahrscheinlicher ist, dass es sich um eine Öffnung zur Aufnahme einer Reliquie handelte. Im Mittelalter war es nicht unüblich, in Andachtsfiguren Reliquien aufzubewahren, so auch in Figuren von Pietàdarstellungen.