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Mutter mit Kindern
Carlo Mense
Rheine 1886 – 1965 Köln
Mutter mit Kindern, 1925
Öl auf Leinwand
Schenkung des Künstlers 1927
1925 malte Carlo Mense das Bild „Mutter mit Kindern“, das er 1927 dem neueröffneten Kunstmuseum in Marburg schenkte. Das Leben und Werk des Künstlers, der am 13. Mai 1886 in Rheine geboren wurde und am 11. August 1965 in Königswinter starb, steht der Neuen Sachlichkeit und dem Rheinischen Expressionismus nahe.
Das Kunstwerk zeigt vier Figuren: eine Frau, die hinter zwei Kindern steht sowie einen kleinen Hund. Es handelt sich um ein Familienporträt, in dem die Dargestellten von vorne zu sehen sind. Die Malweise kann der Neuen Sachlichkeit zugeordnet werden. Mit großen und klar gestalteten Augen schauen die Frau, die beiden Kinder und der Hund – entsprechend ihrer unterschiedlichen Positionen im Bild – in jeweils andere Richtungen. Kleine, in den Augen der drei Menschen reflektierte hellere Punkte lassen eine schwache, frontale Lichtquelle vermuten, welche die Gesichter ausleuchtet und die schlichte, doch bürgerliche Kleidung betont. Die linke Hand der Mutter umfasst die linke Schulter des jüngeren Kindes, während ihre rechte Hand das Schulterblatt der älteren Tochter von hinten berührt. Auf dem Schoß des Sohnes sitzt der Familienhund. Im Gesicht des Hundes – mit seinen traurig schauenden, mandelförmigen Augen – scheinen menschliche Gefühle angedeutet. Das jüngere, blauäugige Kind trägt ein grau-bläuliches Hemd, die ältere Schwester hat braune Augen und trägt eine orange-rötliche, kragenlose Bluse. Das Kleid der Frau ist grün, sein Ausschnitt legt Hals und die Schultern frei und hebt ihre stattliche Schönheit hervor. Die Mutter hat das lange und mittig gescheitelte Haar an ihrem Hinterkopf fest zusammengebunden. Durch die Darstellung statuenhafter Figuren mit makelloser Haut verlängert Mense eine Bildtradition, die seit der Renaissance immer wieder aktualisiert wurde. Nicht dargestellt wurde die Figur des Vaters, dessen Abwesenheit möglicherweise dramatische Hintergründe hat oder Indiz für ein alleinerziehendes Elternteil ist. Mit der Positionierung der Hände der Mutter wird sie zum Anker und zur Beschützerin der beiden Kinder.
Ein schwerer, dunkler Vorhang, dessen Falten vertikal von oben nach unten fallen, trennt zwischen dem Interieur, in dem sich die Frau mit den Kindern befindet und einer Außenwelt, von der ein nach oben dunkler werdender blauer Nachthimmel sowie die rechte Fassade eines modern wirkenden Hauses sichtbar sind. Das zum Horizont hin verblassende Blau kann mit den künstlichen Lichtquellen einer Stadt erklärt werden. Die melancholische Grundstimmung und die dennoch selbstbewusste Haltung der Personen legt die Vermutung nahe, dass eine familiäre Krise überwunden wurde und dem standhaften Blick in die Zukunft gewichen ist. Im übertragenen Sinne sind die Figuren in der krisenhaften Gegenwart und Umbruchzeit der Weimarer Republik um Haltung bemüht.
Thomas Gebauer