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Ausstellungsbereich: Altes Ägypten
Die Bestände der Religionskundlichen Sammlung zum Ausstellungsbereich Altes Ägypten beherbergen einige Raritäten, wie einen 2500 Jahre alten Mumiensarg, der im Jahr 2018 aufwändig, erhaltend restauriert und dessen szenische Bemalung erst im Jahr 2017 erschlossen wurde. Zudem sind mehrere Statuen und Statuetten ausgestellt, die bereits kurz nach erfolgten Grabungen in der ersten Hälfte des 20. Jh. von der Gipsformerei der Berliner Museen gegossen wurden. Kleinere Figuren und Amulette sind sogar als Originale aus Stein, Metall und Ton vorhanden. Die Sammlung besitzt etwa 95 Objekte zum alten Ägypten, von denen derzeit 45 ausgestellt sind. Die Objekte wurden zu einem großen Teil 1927 bei der Gründung der Sammlung aufgenommen, um einen umfassenden Einblick in altägyptische Vorstellungen zum Dies- und Jenseits zu geben und eine Grundlage für den Vergleich mit anderen Religionen zu schaffen. Bei der Anschaffung stand im Vordergrund, die Objekte in der Lehre, für weitere Forschungen und als Anschauungsmaterial für die öffentliche Bildung nutzen zu können. Dies erklärt, warum neben Originalen auch zahlreiche Gipsabgüsse und Repliken angeschafft wurden und ausgestellt werden.
Das hier in Marburg ausgestellte Original eines Mumiensargs gehörte zu einer Frau namens Iba. Laut der Hieroglyphen auf dem Sarg war sie die Tochter eines Priesters, des Pardisepdet. Der Sarg stammt vermutlich aus el-Hibeh in Mittelägypten und wurde in den 1920er Jahren ausgegraben. Im Jahr 1927 erwarb ihn Rudolf Otto, der Gründer der Religionskundlichen Sammlung, in Kairo. Dieser Sarg ist einer von nur vier ähnlichen Särgen, die als einzige aller bekannten Mumiensärge mit Mumifizierungsszenen dekoriert sind. Aufgrund eines Zufalls wurde der Dipl.-Restaurator Jens Klocke auf den Sarg in Marburg aufmerksam und stellte den Kontakt zu der Ägyptologin Dr. Beatrix Gessler-Löhr her. Durch sie wurde die besondere Bedeutung des Marburger Sargs festgestellt und schließlich 2017 in einer Publikation der internationalen Fachwelt erstmals zugänglich gemacht. Eine großzügige Spende durch Dr. Gottfried Mehnert erlaubte es, neben der Restaurierung des Sarges auch passende Klima-Vitrinen anfertigen zu lassen, in denen die beiden Teile des Mumiensargs kommende Zeiten überdauern können. Die finanzielle Unterstützung war so umfassend, dass auch noch weitere Objekte dieser Bestandsgruppe restauriert, sowie der gesamte Ausstellungsraum objektschonend eingerichtet werden konnte. Im Juni 2019 wurde die Ägyptenabteilung der Religionskundlichen Sammlung feierlich wiedereröffnet.
Ausstellen und Forschen: Objekte zum Sprechen bringen
Die Ausstellung ist schlicht, modern und ruhig gestaltet. Sie verzichtet auf Beschreibungen in den Vitrinen oder am Objekt. Stattdessen wird schrittweise ein Katalog mit ausführlichen Objektbeschreibungen erarbeitet, die den aktuellen Forschungsstand berücksichtigen. Die Aktualisierung wird mit Unterstützung der Ägyptologin Dr. Gessler-Löhr vorgenommen. Für Studierende besteht die Möglichkeit, Beschreibungen von Objekten oder Objektgruppen als Prüfungsleistungen oder auch als Teil von Abschlussarbeiten anzufertigen.
Auch Expertinnen und Experten sind eingeladen, sich an der Forschung zu beteiligen. Besucherinnen und Besucher können diesen Prozess beobachten, durch ihre Fragen im Rahmen von Führungen vielleicht sogar selbst weitere Forschungen anstoßen.
Literatur
Gessler-Löhr, Beatrix (2017): Ewige Un-Ruhe: Der Marburger Mumiensarg als Bildkompendium zu Mumifizierung, Totenglauben und Jenseitsvorstellungen im alten Ägypten, in: Edith Franke (Hg.): Objekte erzählen Religionsgeschichte(n). Eine religionswissenschaftliche Spurensuche in der Religionskundlichen Sammlung,
Veröffentlichungen der Religionskundlichen Sammlung der Philipps-Universität Marburg, Band 9:Marburg. 190-219.Klocke, Jens (2015): Die Restaurierung von Mumien-Perlennetzen, in: Maggy Nagel und Michel Polfer (Hgg.): „Von den Ufern des Nil nach Luxemburg…“. Altägyptische Objekte in den Sammlungen des MNHA, Publications du Musée national d’histoire et d’art 26: Luxemburg. 99–130.
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