Hauptinhalt
Teilprojekt B01
Landfrieden. Gewaltverzicht und föderale Ordnung in der Frühen Neuzeit
1. Förderphase (2014-2017)
Das Teilprojekt untersucht den Zusammenhang von politischer Ordnung und Friedenswahrung im 16. und frühen 17. Jahrhundert. Der Modernitätsertrag der Frühen Neuzeit, der die Ausbildung zentralstaatlicher Souveränität mit der Herstellung innerer und äußerer Sicherheit aufs engste verknüpft, soll kritisch überprüft werden, indem analysiert wird, wie föderale politische Systeme (Heiliges Römisches Reich, Eidgenossenschaft, Niederlande) Sicherheit herstellten bzw. für die Zukunft gewährleisteten. Zugleich soll untersucht werden, wie neue Herausforderungen – die Konfessionsproblematik und Untertanenrevolten – zum Gegenstand der Landfriedenswahrung und damit der Sicherheitspolitik werden konnten.
Ausgangspunkt der Forschung ist die Landfriedenspolitik im Reich zwischen „Ewigem Landfrieden“ und Westfälischem Frieden. Im Kern soll es um die These gehen, dass im 16. Jahrhundert die komplexe föderale Struktur des Reiches auf der Organisation möglichst umfassenden Gewaltverzichts und damit eines Systems kollektiver Sicherheit basierte. Landfriedenspolitik soll dabei als paradigmatisches Beispiel für Versicherheitlichung in der Frühen Neuzeit dienen. Die Dynamik der Herstellung von Sicherheit im frühneuzeitlichen Reich rührte nicht zuletzt daher, dass das Konzept des Landfriedens auf neue Herausforderungen angewendet wurde. Stand beim Ewigen Landfrieden von 1495 noch die Abstellung des grassierenden adeligen Fehdewesens im Zentrum der Normsetzung auf Reichsebene, so bildeten sich neue Konfliktfelder heraus, auf die mit der Logik und den Instrumentarien des Landfriedens reagiert wurde.
Eine Studie analysiert das Heilige Römische Reich zwischen 1500 und 1618 anhand der Landfriedenspolitik als System kollektiver Sicherheit. Dabei sind drei Aspekte forschungsleitend. Anhand der politischen Kommunikation auf Tagungen auf unterschiedlichen Ebenen des Reiches soll erstens der kommunikative Aspekt der Versicherheitlichung beschrieben werden. Zweitens soll nach der raumbildenden Qualität solch kollektiver Landfriedenswahrung im Reich gefragt werden. Die Delegation der Landfriedenswahrung an die Stände und die Reichskreise wird dabei in Kontinuität zur Erfahrung regionaler Landfriedensorganisationen, nun allerdings unter den Bedingungen flächendeckender Organisation der Stände, analysiert. Anhand der Landfriedensexekution soll drittens nach den Akteuren der Landfriedenswahrung und der Rolle der Gewalt gefragt werden.
In Ergänzung zur ersten Studie thematisiert eine zweite Studie mit den „Gartknechten“ eine spezifische und im 16. Jahrhundert besonders prominente Gruppe von Gefährdern des Landfriedens. Argumentiert wird hier also aus der Warte eines spezifischen Sicherheitsproblems, um Aussagen zu Diskursen und Praktiken der Versicherheitlichung im frühneuzeitlichen Reich treffen zu können. Offensichtlich ist das Problem der „Gartknechte“ um 1550 und zumindest im Westen des Reiches seit den 1580er Jahren von erheblicher Tragweite gewesen. Die Gefährlichkeit der „Gartknechte“ lag vor allem in ihrer Mobilität begründet. Forderte gerade dies die territorienübergreifende Kooperation und war insofern einer der Impulse im Reich, Sicherheitsräume zu erweitern?
Inhalt ausklappen Inhalt einklappen Mitarbeitende
Teilprojektleitung
Prof. Dr. Horst Carl
Wissenschaftliche Mitarbeitende
Dr. Sascha Weber
Marius Reusch