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Beschreibstoffe und Werkzeuge

Bei der Buchherstellung kamen eine Reihe unterschiedlicher Materialien und Werkzeuge zum Einsatz, wobei gerade letztere oftmals bis heute im traditionellen Buchbindehandwerk eine Rolle spielen.

Der im abendländischen Mittelalter vorherrschende Beschreibstoff war das Pergament. Bei diesem handelte es sich um von Haaren und Fleischresten befreite Tierhäute, die die in der Regel in einer Kalklauge gebeizt und zum trocknen gleichmäßig in Rahmen  gespannt wurden. Die so aufgespannten Häute wurden mit einem Schabeisen bis auf die Lederhaut abgeschabt, gewässert und erneut zum trocknen aufgespannt. Zum Einsatz kamen Häute von Schafen, Ziegen und Kälbern, wobei es hier Unterschiede in der Farbgebung gab.

Vgl.: Fingernagel, Andreas: Die materiellen Aspekte der Schriftkultur, in: Geschichte der Buchkultur Bd. 4 - Romanik, hg. von Andreas Fingernagel, Graz 2007, S. 19-56, hier  S. 22f.

Nähere Informationen zum Pergament gab Isidor von Sevilla in seiner um das Jahr 600 entstandenen Etymologiae: Weil die pergamenischen Könige des Papyrus’ entbehrten, dachten sie sich zuerst Tierhäute [als Beschreibstoffe] aus. Weshalb auch der Name der Pergamente bis heute bewahrt worden ist, indem ihn die Nachkommenschaft weitergibt. Dieses wird auch Haut genannt, weil es aus den Häuten von Vieh hergestellt wird. Es entstanden aber zuerst solche von schmutziger Farbe, d.h. Safrangelb, später aber wurden in Rom die weißen Häute erfunden; diese waren, wie sich zeigte, nicht zu gebrauchen, weil sie leicht schmutzig werden, und die Sehschärfe der Leser schädigen; während erfahrene Architekten glaubten, dass Bibliotheken weder goldene Zimmerdecken noch andere Estriche als solche aus Marmor und Carysteus anzubringen seien, weil der Glanz des Goldes die Augen schwächt und [der Marmor] aus Carysteus die Kraft der Augen erfrischt. Denn auch wer [den Beruf des] Münzprüfers erlernt, legt dunkelgrüne Lappen unter die Formen der Denare, und die Edelsteinschleifer betrachten auf diesen die Rücken der Skarabäen im Vergleich zu denen nichts grüner ist; und die Maler [tun dasselbe], damit sie die Ausdauer ihrer Sehkraft durch diegrüne Farbe wiederherstellen. Die Häute aber sind entweder weiß oder goldfarben oder purpurfarben. Die weißen kommen von Natur aus vor. Die goldfarbenen sind zweifarbig, weil sie vom Hersteller auf einer Seite gefärbt, d.h. gelblich gemacht werden. Wovon Persius sagt: Schon [ist] ein Buch [da] und die zweifarbige Haut mit ihren abgelegten Haaren. Die Purpurne wird in Purpurfarbe eingetaucht, auf welcher flüssiges Gold und Silber in den Buchstaben strahlt.

Isidor von Sevilla, Etymologiae VI, XI, 1-5. Vgl.: Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Lenelotte Möller, Wiesbaden 2008, S. 218f. 

Nach dem Trocknen der Pergamente wurden diese zurechtgeschnitten, wobei es darauf ankam, für verschiedenen Formate möglichst wenig Verschnitt zu erzeugen. Im Anschluss erfolgte als nächster Arbeitsschritt, auf den einzelnen Doppelblättern Zeilenabstände und das Schriftbild mit Blindlinien zu markieren, wodurch ein gleichbleibender Schriftspiegel eingehalten werden konnte. Die äußeren Begrenzungen wurden mit kleinen Löchern markiert, wobei deren Form darauf hinweist, dass diese mit kleinen spitzen Werkzeugen wie Zirkel (circinus), Ahle (subula), Griffel oder Messer gemacht wurden. Diese Einstichlöcher wurden wiederum mit einem Lineal zu einer Linie verbunden. 

Vgl.: Fingernagel, Andreas: Die materiellen Aspekte der Schriftkultur, in: Geschichte der Buchkultur Bd. 4 - Romanik, hg. von Andreas Fingernagel, Graz 2007, S. 19-56, hier S. 31f.

Neben den erwähnten und in der Ausstellung gezeigten Werkzeugen zur Buchherstellung fiel das größte Augenmerk auf die Schreibwerkzeuge Griffel und Feder, wobei im abendländischen Mittelalter vornehmlich die Gänsefeder zum Einsatz kam. Die Spitze wurde mit einem extra Federmesser in zwei Zungen gespalten, so dass die Tinte besser haften bleiben konnte. Nach zeitgenössischen Quellen musste eine Schreibfeder bis zu 60 Mal am Tag neu angespitzt werden. Zum Schreiben wurde sie zwischen Zeige- und Mittelfinger gehalten.

Vgl.: Fingernagel, Andreas: Die materiellen Aspekte der Schriftkultur, in: Geschichte der Buchkultur Bd. 4 - Romanik, hg. von Andreas Fingernagel, Graz 2007, S. 19-56, hier  S. 45-48.

Zu den Schreibwerkzeugen hielt Isidor von Sevilla fest: Werkzeuge des Schreibers sind calamus (Rohrgriffel) und pinna (feder). Mit diesen werden nämlich die Worte auf den Seiten angebracht; aber der Rohrgriffel ist von einer Pflanze (arbor), die Feder von einem Vogel. Deren Spitze wird zweigeteilt (dyas), wobei insgesamt die Einheit des Geräts bewahrt wird, ich glaube [dies geschieht] wegen des Geheimnisses, dass in den beiden Spitzen das Alte und das Neue Testament bezeichnet werden [...].

Isidor von Sevilla, Etymologiae VI, XIV, 3. Vgl.: Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Lenelotte Möller, Wiesbaden 2008, S. 220. 

Erst im Spätmittelalter löste das bereits seit deutlich längerer Zeit bekannte Papier nach und nach Pergament als den vornehmlichen Beschreibstoff ab. Zur Herstellung wurden Pflanzenfasern in verschiedenen Methoden zerkleinert, eingeweicht und zerkocht. Der so gewonnene Brei wurde mittels feiner in Rahmen gespannter Siebe zu Papierbögen getrocknet und im Anschluss gepresst. Eine Eigenart in Europa war es hierbei, dass von verschiedenen Papiermühlen mit der Zeit fertige Drahtfiguren mit dem Schöpfrahmen verbunden wurden, um auf diesem Weg Wasserzeichen im Papier erzeugen zu können.

Vgl.: Haidinger, Alois: Beschreibstoffe, in: Geschichte der Buchkultur Bd. 5 - Gotik, hg. von Christine Beier, Graz 2016, S. 17-38, hier S. 24-28.