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Tinten und Pigmente
Als eine enge Definition von Tinten gilt, dass diese „aus wässrigen Lösungen von Farbstoffen hergestellte Schreibflüssigkeiten“ waren. Unterschieden werden hiervon die Tuschen, welche „aus hochdispersierenden Pigmentaufschwemmungen bestehen.“
Einfache Möglichkeiten zur Herstellung von Schreibtinten waren die Verwendung von Tintensekreten wie zum Beispiel von einigen Sepienarten. Verwendet wurden aber auch Tinten, die mit Ruß, Öl oder Gummi vermengt worden waren. Häufig wurde auf Eisen-Gallussäureverbindungen zurückgegriffen, wobei sich bei einer feuchten Lagerung der Bücher die Tinte mit der Zeit den Beschreibstoff beschädigen konnte.
Vgl.: Ladner, Pascal: Tinte I. Westen, in: Lexikon des Mittelalter 8, München 1997, Sp. 797.
Als Aufbewahrungsgefäße dienten vor allem einfache Hörner, die in eine Einlassung in den Schreibpulten gestellt werden konnten und die Tinte enthielten. Zum Teil kam auch Elfenbein als Tintenfass zum Einsatz. Weitere Tintenfässer bestanden aus Ton und mit der Zeit immer häufiger auch aus Glas.
Vgl.: Fingernagel, Andreas: Die materiellen Aspekte der Schriftkultur, in: Geschichte der Buchkultur Bd. 4 - Romanik, hg. von Andreas Fingernagel, Graz 2007, S. 19-56, hier S. 49f.
Bei der Herstellung farbiger Tuschen zur Ausmalung der Bildillustrationen wurde häufig auf Vermischungen von Edelsteinen und Mineralien zurückgegriffen. In der Ausstellung befinden sich als Leihgabe des Mineralogischen Museums der Philipps-Universität mehrere Stücke, welche die Herstellung besonders leuchtender Pigmente veranschaulichen. Dankenswerterweise konnten uns folgende Beispiele zur Verfügung gestellt werden: Malachit, Azurit, Auripigment, Lapislazuli, Realgar, Zinnober und Minium.
Isidor von Sevilla, der um das Jahr 600 das noch vorhandene Wissen der Antike in seiner Schrift Etymologiae kompilierte, schrieb zum Malachit: Der Malachit besitzt ein dichtes Grün, fetter als Smaragd, und hat seinen Namen von der Farbe der Malve erhalten bei der Wiedergabe schöner Zeichnungen.
Isidor von Sevilla, Etymologiae XVI, VII, 11. Vgl.: Die Enzyklopädie des Isidor von Sevilla, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Lenelotte Möller, Wiesbaden 2008, S. 586.
In seinem Il libro dell’Arte hielt um das Jahr 1400 der italienische Künstler Cennino Cennini bezüglich des Azurits fest: Azurro della Magna ist eine Naturfarbe, welche die Silberadern in der Nähe umgibt. Es kommt vielfach [...] in Deutschland vor [...]. Man kann es künstlich, nämlich in Pastellform trefflich bereiten. Hast du mit diesem Azur Gründe zu malen, so reibe es langsam mit Wasser, denn es widersteht sehr dem Steine. Willst du Gewänder oder das Grün damit machen, wie ich oben gesagt habe, so mahle es stärker [...].
Zitiert nach: Bucklow, Spike: Cennino Cennino. Il libro dell’Arte, Cap. LX, um 1400, in: Stein. Eine Materialgeschichte in Quellen der Vormoderne, hg. von Iris Wenderholm unter Mitarbeit von Isabella Augart, Berlin/Boston 2021, 233-238, hier S. 233.
In der 1546 erschienenen Schrift De natura fossilium zeigte Georg Agricola ein beeindruckendes Spektrum verschiedenster Farbunterschiede, wobei er auch das Realgar aufzählte: Ich will mit der Farbe beginnen und die Unterschiede der Mineralien zuerst allgemein entwickeln [...]. Flammendrot ist die Sarda, flammendrot der Karfunkel. Fuchsrote Farbe hat das Realgar, der Amethyst violette. Doch gibt es bei allen diesen Mineralien große Farbunterschiede.
Zitiert nach: Leonhard, Karin: Bunte Steine. Zur Rolle der Farbe in mittelaltelrichen und frühneuzeitlichen Lapidarien, in: Steinformen. Materialität, Qualität, Imitation, hg. von Isabella Augart, Maurice Saß und Iris Wenderholm, (= Naturbilder - Images of Nature 8) Berlin/Boston 2019, S. 155-178, hier S. 169.
Ein besonders schönes Beispiel für die Kolorierung einer mittelalterlichen Handschrift ist das sogenannte Antiphonarium officii (Ms. Hux. 20a), einer liturgischen Schrift aus dem 16. Jahrhundert, welches sich im Bestand unseres Projektpartners befindet, der Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek in Paderborn. Verschiedene Rot-, Grün-, Gelb- und Blautöne zeichnen diese Schrift besonders aus. Zu sehen ist Jesus, der von zwei Pilgern umgeben ist.