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Legalisierter Raub

Der Fiskus und die Ausplünderung der Juden in Hessen 1933 bis 1945

In der NS-Zeit zogen unterschiedliche Dienststellen in Finanzbehörden, Zollfahndung und Devisenstellen gemeinsam mit der Gestapo und anderen Organisationen Sparbücher, Devisenguthaben und Wertpapierdepots jüdischer Bürger ein. Sie belegten ihre Opfer mit Sondersteuern und Strafkontributionen und versteigerten öffentlich das Hab und Gut der aus Deutschland Geflohenen oder Deportierten. Diese Ausplünderung war ein wichtiger Teil der Vernichtungsmaschinerie und zugleich Bestandteil der NS-Kriegswirtschaft.

1998 wies das Hessische Finanzministerium die Finanzbehörden des Landes an, in ihren Aktenbeständen nach Unterlagen über die fiskalische Ausplünderung der Juden in der NS-Zeit zu suchen. Die Übergabe der Dokumente an das Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden gab Anlass zu einem Dokumentations- und Forschungsprojekt, das vom Fritz Bauer Institut durchgeführt wurde. Dieses Projekt bildete die Grundlage für die gemeinsam mit dem Hessischen Rundfunk konzipierte und realisierte Ausstellung sowie den Film Der große Raub (hr, 2002).

Die Ausstellung behandelt die gesetzgeberischen Maßnahmen der Nationalsozialisten und stellt den Aufbau der Reichsfinanzverwaltung und die Verantwortlichen auf den unterschiedlichen bürokratischen Ebenen vor. Sie beschäftigt sich mit den kooperierenden Interessengruppen in Politik und Wirtschaft, aber auch mit dem deutschen Volksgenossen als Profiteur. Schließlich wird nach der sogenannten Wiedergutmachung gefragt: Wie ging die Rückerstattung in Hessen vor sich, wie erfolgreich konnte sie angesichts der gesetzlichen Ausgangslage und der weitgehend ablehnenden Haltung der Bevölkerungsmehrheit sein? Weitere Recherchen der Ausstellungsmacher und des Filmteams galten den Lebensgeschichten der betroffenen Menschen, die im Mittelpunkt der Ausstellung stehen. Die Ausstellung, die erstmals im Frühjahr 2002 im Hessischen Rundfunk zu sehen war, wurde von der Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen und der Hessischen Landesregierung gefördert. Die Präsentation in Marburg wird unterstützt von der Stadt Marburg, der Philipps-Universität, der Sparkasse Marburg-Biedenkopf und ver.di Mittelhessen.

Die Eröffnung der Ausstellung findet am 5. Dezember um 19.00 Uhr im Lesesaal der Universitätsbibliothek statt. Prof. Dr. Micha Brumlik, Direktor des Fritz Bauer Instituts, führt ins Thema der Ausstellung ein. Im Anschluss lesen die Schauspielerin Sigrid Giese und der Dramaturg Bernhard Maier aus den Aussagen eines Finanzbeamten, der sich nach dem Ende des Krieges für seine Handlungen zu rechtfertigen versuchte.

Führungen durch die Ausstellung

Der Arbeitskreis für Erinnerungskultur bietet Führungen durch die Ausstellung an. Information und Anmeldung unter der Telefonnummer 06421 / 282 13 21 von Montag bis Freitag zwischen 9 und 12 sowie 14 und 16 Uhr

Begleitprogramm

Sonntag, 8. Dezember 2002, 11 Uhr
Stätten der Ausplünderung und Verfolgung in Marburg Stadtspaziergang mit Ulrich Schütt und Thomas Werther Treffpunkt: Altes Finanzamt, Biegenstraße 9 Teilnahmegebühr: 4 Euro

Dienstag, 14. Januar 2003, 19.30 Uhr
"Der große Raub". Hessischer Rundfunk, 2002 Vorführung des Films und Gespräch mit den beiden Autoren Henning Burk und Dietrich Wagner. Im Anschluss: Ein braunes Band der Sympathie. Die Dresdner Bank und das Dritte Reich Ein Film des Hessischen Rundfunks von Dagmar Christmann und Thomas Rautenberg. Veranstaltungsort: Capitol-Filmtheater, Biegenstraße 8 Eintritt frei

Sonntag, 19. Januar 2003, 11 Uhr
Stätten der Ausplünderung und Verfolgung in Marburg Stadtspaziergang mit Ulrich Schütt und Thomas Werther Treffpunkt: Altes Finanzamt, Biegenstraße 9 Teilnahmegebühr: 4 Euro

Montag, 27. Januar 2003, 19.00
Die obsessive Gegenwart der Vergangenheit: Der verwertete ehemalige Nachbar kommt zu Besuch Lesung und Gespräch mit Charlotte Opfermann Moderation: Esther Schapira, Hessischer Rundfunk Veranstaltungsort: Vortragsraum der Universitätsbibliothek Eintritt frei