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Valentin Wagner - ein Zeichner im Dreißigjährigen Krieg
Als Valentin Wagner 1655 in seiner Vaterstadt Dresden starb, lag das dreißigjährige Wüten des Krieges erst wenige Jahre zurück. Der Künstler hatte Pest, Hunger und die Drangsale durch die Soldateska überlebt. Dabei hielt er sich während des Krieges keineswegs nur hinter den schützenden Wällen der sächsischen Residenzstadt auf. Im Gegenteil, spätestens seit 1630 war er wiederholt in den vom Krieg am stärksten betroffenen Gebieten des Alten Reiches unterwegs: in Sachsen, Hessen, Franken und Westfalen. Seine Reisen führten ihn außerdem nach Ostfriesland und Wien. Wie die wenigen archivalischen Zeugnisse zu seiner Person und seine Arbeiten selbst belegen, stammte Wagner aus einer Dresdner Malerfamilie und kam während seiner Wanderschaft mit Philipp Uffenbach, Matthäus Merian d.Ä. und anderen Vertretern der Frankfurter Künstlerszene in Kontakt. Zudem tauchte er sowohl im Umfeld der hessischen Landgrafen als auch in der Gesellschaft höherer Beamten und Diplomaten in Darmstadt, Frankfurt und Butzbach auf. Er kehrte vermutlich 1636 nach Dresden zurück, wo er nun Hofaufträge erhielt und sich in den politisch und kulturell tonangebenden Kreisen Sachsens bewegte. Gemäß ihrem Charakter als Reise- bzw. Jagdskizzen, sind Wagners Zeichnungen meist rasch und relativ kunstlos vor Ort entstanden. Für sorgfältige Ausführung fehlte meist die Zeit. In der Regel beschränkte er sich auf bloße Umrisslinien unter Verzicht auf zeichnerische Differenzierung. Mag ihre künstlerische Qualität im engeren Sinne darunter leiden, so vermitteln seine Werke ein erstaunlich hohes Maß an Lebendigkeit und Authentizität. Gelegentlich tritt der lavierende Pinsel hinzu und detaillierte Licht- und Farbangaben machen einige seiner Arbeiten zu den überraschendsten und eigenartigsten Dokumenten für unmittelbare Lichtbeobachtung in der deutschen Landschaftskunst (Hans Tietze).
Obwohl sich Wagner in seinen Arbeiten selbst als Maler darstellte und auch als solcher in amtlichen Dokumenten auftaucht, sind der größte Teil seiner erhaltenen Arbeiten Zeichnungen. Dabei handelt es sich um das sogenannte Reiseskizzenbuch, das sich heute in der Graphischen Sammlung Albertina in Wien befindet und das Jagdskizzenbuch im Staatsarchiv in Darmstadt.
In seinen Skizzenbüchern lassen sich drei Themenbereiche erkennen: Ortsansichten, Porträts von Menschen und Tieren sowie humorvolle Genreszenen. Die Stadt- und Landschaftsdarstellungen sind zwar zumeist der zeitgenössischen Manier folgend durchkomponiert, gleichzeitig jedoch um eine authentische Darstellung bemüht. Dabei strebt er weniger nach unbedingter detailgetreuer Wiedergabe der Architekturelemente, als vielmehr nach der charakterlichen Erfassung der Örtlichkeit. In seinen Skizzen zeigt sich Wagners Fähigkeit, auf kleinstem Raum, mit nur wenigen Strichen, Personen in ihrer Individualität festzuhalten. Die meist farbig lavierten Porträtzeichnungen gehören zu seinen am sorgfältigsten ausgeführten Arbeiten. Die Anfertigung von qualitätsvollen Miniaturbildnissen, die nachgedruckt als Kupferstiche Verbreitung fanden, war in Dresden eine seiner wichtigsten Erwerbsquellen. Die wohl merkwürdigste Gruppe stellen seine humorvollen Genreszenen dar. Bei aller Einfachheit der Ausführung unterscheiden sie sich durchaus vom Zeitüblichen. Zum einen spielt er mit den Assoziationen des Betrachters und zum anderen geht es ihm oft nicht um die genrehafte Vermittlung allegorischer Inhalte, sondern um die Dokumentation von Situationskomik, wie die Datierung und Benennung der Akteure zeigt.
Mit einem repräsentativen Querschnitt von 60 Originalen, darunter einigen erst in jüngster Vergangenheit Valentin Wagner zugeschriebenen Gemälden, wurden der Künstler und sein Werk im Hessischen Landesmuseum Darmstadt vom 13. Februar bis 20. April 2003 einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt. Eine Ausstellung mit Reproduktionen der in Darmstadt gezeigten Werke ist vom 10. Juli bis 24. August in der Universitätsbibliothek Marburg zu sehen.
Zu der Ausstellung ist ein von Holger Th. Gräf und Helga Meise herausgegebener Katalog mit Werkverzeichnis und Aufsätzen erschienen. Er kann zum Preis von 24,- Euro in der Universitätsbibliothek oder beim Hessischen Landesamt für geschichtliche Landeskunde (Wilhelm-Röpke-Str. 6 C, 35032 Marburg) erworben werden.