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Rudolf Otto : Biographische Beschreibung
Gregory D. Alles
Rudolf Otto wurde am 25. September 1869 in Peine bei Hannover geboren. Sein Vater, ein Malzfabrikbesitzer, starb 1882, als die Familie nach Hildesheim übersiedelte. Dort trat der zwölfjährige Otto in das Gymnasium Andreanum ein. Im Mai 1888 immatrikulierte er sich wegen seiner theologischen Gesinnung in der konservativen theologischen Fakultät der Universität Erlangen, wo er u.a. mit Franz H.R. Frank, Johannes Gloël und Rudolf Seeberg studierte. Bald aber schrieb er sich zunächst aus persönlichen – nicht aus intellektuellen oder theologischen Gründen – in die Universität Göttingen ein, die sich an der liberalen Theologie orientierte. In Göttingen hörte Otto u.a. Hermann Schultz, Theodor von Häring und Julius Smend. Er bestand die erste theologische Prüfung 1892, die zweite dann 1895 und ist 1898 mit einer Dissertation über den Heiligen Geist bei Luther zum Lic. theol. in Göttingen promoviert worden. In demselben Jahre wurde ihm nach einer Probevorlesung über Kants Religionsbegriff eine zweijährige venia legendi für die Geschichte der Systematischen Theologie und für die angrenzenden Gebiete der Religionsgeschichte und Religionsphilosophie verliehen.
Nach achtjähriger Tätigkeit als Privatdozent wurde Otto 1906 zum außerordentlichen Professor in Göttingen ernannt. 1915 hatte er die Professur für systematische Theologie in Breslau und 1917 denselben Lehrstuhl in Marburg als Nachfolger Wilhelm Herrmanns inne. Bis 1915 nahm Otto in der von Martin Rade geleiteten Vereinigung liberaler Theologen "Freunde der christlichen Welt" mit großem Engagement teil. Von 1913 bis zum Ende des Ersten Weltkrieges war er Abgeordneter im preußischen Landtag und im Jahre 1919 Mitglied der preußischen Landesversammlung. In der Weimarer Zeit versuchte er den evangelischen Gottesdienst gemäß seinen theologischen Ideen zu erneuern. In dieser Zeit begründete und leitete er auch den "Religiösen Menschheitsbund", einen Bund, dessen Ziel die Förderung von Recht und Gerechtigkeit zwischen Völkern durch religiöse Mittel war. Zwei so genannte Weltreisen, 1911-1912 nach Nordafrika und Asien und 1927-1928 nach Asien und in den nahen Osten beeinflussten Ottos Interesse für Weltreligionen, insbesondere für den Hinduismus. Otto hielt 1924 die Haskell-Vorlesungen an Oberlin College in den USA über westliche und östliche Mystik, 1926 die Olaus-Petri-Vorlesungen an der Universität Upsala über Indiens Gnadenreligion und Christentum. Wichtig ist zu erwähnen ist die auch heute bestehende "Religionskundliche Sammlung" in Marburg, die Otto zu dieser Zeit gründete.
Als Erwachsener war Otto fast durchgehend gesundheitlich stark beeinträchtigt. Aus Krankheitsgründen wurde er Ende März 1929 frühzeitig emeritiert. Man weiß nicht genau, wie Ottos Denken, Hoffnungen und Tätigkeiten während der frühen NS-Zeit aussah. Er schien auf eine Neuerweckung des deutsch-christlichen religiösen Geistes zu hoffen, war jedoch kein Mitglied der NSDAP. Nach einem Sturz im Oktober 1936 aus einem Turm in Staufenberg bei Marburg, vielleicht einem Selbstmordversuch, starb er am 6. März 1937 in Marburg an einer Lungenentzündung.