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Sprachpolitiken als (de-)demokratisierende Geschlechterpolitiken? Aktuelle Auseinandersetzungen um geschlechtergerechte und geschlechterdiverse Schreibweisen
Tagung zu gesellschaftlichen, geschlechter- und demokratiepolitischen Rahmenbedingungen und Implikationen der Auseinandersetzungen um geschlechtergerechte Sprache.
Veranstaltungsdaten
24. Oktober 2024 18:00 – 25. Oktober 2024 17:30
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Bekanntgabe bei Anmeldung
Da die Verwendung von geschlechtergerechten/-diversen Schreibweisen sowie entsprechende verwaltungsrechtliche Verbote eines ‚Gendern mit Sonderzeichen‘1 in der aktuellen medialen und politischen Debatte vorrangig als sprachwissenschaftliche Themen gerahmt bzw. auf den Gegensatz von sprachlicher Korrektheit/Verständlichkeit versus sprachlicher Repräsentation (u.a. von Frauen oder anderen Geschlechtern/Minderheiten) verengt werden, fokussiert die Tagung auf die größeren gesellschaftlichen, geschlechter- und demokratiepolitischen Rahmenbedingungen und Implikationen dieser Auseinandersetzungen. Ausgehend von den rechtlichen Entwicklungen und politischen Kämpfen in Hessen, ist es Ziel dieser Tagung, das hohe Mobilisierungs- und Affizierungspotential dieses Themas aus einer politik-, rechts- und sozialwissenschaftlichen Perspektive in den Blick zu nehmen sowie vor dem Hintergrund neuerer Forschungsergebnisse aus den Bereichen der Demokratie-, Parteien-, Antifeminismus-, Queer- und Rechtsextremismusforschung geschlechterpolitisch einzuordnen. Aktuelle Forschungsarbeiten verweisen etwa auf eine zunehmende politische Aufladung und (strategische) Missinterpretation des Begriffs Gender im Rahmen neuerer antifeministischer, rechtspopulistischer und autoritärer Bewegungen sowie dessen zentrale Bedeutung für aktuelle „Angriffe auf Demokratie“ (Wilde/Maier 2018: 9; siehe auch: (Henninger/Birsl 2020; Dietze/Roth 2020; Hark/Villa 2015; Kuhar/Paternotte 2017; Lang/Peters 2018; Lobin 2021; Mayer et al. 2018). Wie lassen sich demnach aktuelle Diskurse und Politiken der Ablehnung geschlechtergerechter/-diverser Sprache in Hessen bzw. in anderen deutschen Bundesländern, Österreich, Frankreich und den USA vor dem Hintergrund einer (globalen) Mobilisierung von Gender als gesellschaftlichen „Kampfbegriff“ (Mayer et al. 2018) und Kulminationspunkt eines (vermeintlichen) Kulturkampfes deuten? Mit welchen (anderen) Themen oder gesellschaftlichen „Krisendiskursen“ (Henninger 2020) wird die Frage des ‚genderns‘ verknüpft bzw. werden entsprechende ‚Genderverbote‘ begründet/gefordert? Was bedeutet ein teilweise bereits umgesetztes ‚Genderverbot‘ – insbesondere vor dem Hintergrund der (verfassungs-)rechtlichen Anerkennung eines dritten (bzw. vierten) Geschlechtseintrags – aus demokratie- und gleichstellungspolitischer Perspektive? Welche Akteur*innen sind in diesen sprachpolitischen Auseinandersetzungen relevant, und wie positionieren sich einzelne (Bildungs-)Institutionen, Parteien oder Berufs- und Interessensverbände zu diesen Entwicklungen?
In der Tagung geht es um eine sorgfältige analytische und multiperspektivische Einordnung und wissenschaftliche Deutung aktueller Auseinandersetzungen um geschlechtergerechte und geschlechterdiverse Schreibweisen – insbesondere mit Blick auf das komplexe und umkämpfte Spannungsverhältnis von Demokratie, Politik, Geschlecht und Sprache/sprachlicher Gerechtigkeit (Hergenhan 2012). Durch einen inter- und transdisziplinären Dialog zwischen Forscher*innen aus unterschiedlichen sozial-, politik- und rechtswissenschaftlichen Feldern soll die Tagung zu einer analytischen und theoretischen Schärfung sowie Erweiterung von wissenschaftlichen Konzepten, Ansätzen und Erklärungsmodellen zu diesem genannten Spannungsverhältnis beitragen und eine differenzierte Analyse dieser aktuellen sprachpolitischen Auseinandersetzungen forcieren.
Die Anmeldung und weitere Informationen finden Sie hier.
Referierende
Prof. Dr. Christine M. Klapeer, Dr. Inga Nüthen, Dr. Jutta Hergenhan
Veranstalter
Justus-Liebig-Universität Giessen
Kontakt
Uni Giessen