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Aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen
Aktive Rekrutierung als Personalentwicklungsinstrument
Aktive Rekrutierung ist ein in vielen Bereichen schon seit längerem etabliertes Personalentwicklungsinstrument, um den Bewerberinnenpool für eine Stelle zu vergrößern und (international) ausgewiesene Expertinnen zu gewinnen. Eine Studie an der Unversität Konstanz zeigte, dass sich 77% derjenigen, die erfolgreich aktiv rekrutiert worden sind ohne die direkte Ansprache nicht auf die Position beworben hätten - trotz passender Qualifikation (vgl.: Woelki/ David, Michaela (2015): Aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen als Bestandteil eines wertschätzenden Berufungsmanagements an der Universität Konstanz. In: Peus et al. (Hg.), S. 251–259).
Auch an der Philipps-Universität ist aktive Rekrutierung inzwischen fester Bestandteil von Berufungsverfahren, kommt aber ebenso zunehmend bei anderen Postionen zum Einsatz. Konkret beinhaltet dies die gezielte Recherche nach potenziellen Bewerberinnen für eine Professur, andere wissenschaftliche Stellen oder weitere Leitungspositionen. Nach der erfolgten Suche über einschlägige Netzwerke, Datenbanken (s.u.) oder Fachgesellschaften, werden die potenziellen Kandidatinnen direkt angesprochen.
Bei Berufungsverfahren ist zudem bereits bei der Beantragung der Professur durch den Fachbereich in der einzureichenden Strategieskizze verbindlich Stellung dazu zu nehmen, ob und wie die Professur zu gleichstellungs- und/oder diversitätsrelevanter Forschung und Lehre beitragen wird.
Tipps zum konkreten Vorgehen
Um insbesondere den Anteil der Professorinnen noch weiter zu erhöhen, werden an der Philipps-Universität im Rahmen von Berufungsverfahren standardmäßig geeignete Wissenschaftlerinnen angesprochen und zu einer Bewerbung aufgefordert. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei Ausschreibung einer Professur damit zu rechnen ist, dass sich nur wenige Frauen bewerben werden. Auch der Ausschreibungstext selbst sollte so spezifisch wie nötig und so offen wie möglich formuliert sein. Bei der Vermeidung von Stereotypen hilft der Gender Decoder der TU München.
Die Berufungsordnung der Universität sieht verbindlich vor, dass spätestens bei Veröffentlichung der Ausschreibung aussichtsreiche Wissenschaftlerinnen angesprochen werden. "Aussichtsreich" bedeutet in dem Zusammenhang, dass eine grundsätzliche Eignung für das Profil der ausgeschriebenen Stelle vorhanden ist und Interesse an der Stelle bestehen könnte - ob sich die angesprochenen Kandidatinnen bewerben oder die Bewerbung dann tatsächlich den aufgestellten Kriterien genügt, ist selbstverständlich davon unabhängig und kann auch nicht im Vorhinein geprüft werden.
Als Unterstützung für den Anspracheprozess von Kandidatinnen nutzen Sie gerne unser individuell anpassbares Modellanschreiben auf Englisch und Deutsch . Erfahrungsgemäß gelingt die Ansprache umso besser, je individueller das Schreiben die jeweilige Kandidatin adressiert - generische Sammelmails empfehlen sich dagegen nicht.
Verringert sich die Zahl der Bewerbungen von Frauen erst im Fortgang eines Verfahrens - bspw. nach Sichtung der Bewerbungen oder Einsendung der Schriften - können auch zu jedem späteren Zeitpunkt noch weitere Kandidatinnen angesprochen werden.
Hinweis: eine aktive Ansprache zur Bewerbung geht nicht mit einer Verpflichtung einher die Kandidatin auch einzuladen oder gar auf die Berufungsliste zu setzen. Stellt sich auf Basis der eingegangenen Bewerbung, bei Sichtung der Schriften o.ä. heraus, dass das Profil wider Erwarten nicht passend ist, ist die Bewerbung genauso zu behandeln wie alle anderen unpassenden Bewerbungen auch. Sofern es mit Blick auf die Fachkultur sinnvoll erscheint, kann auch das Anschreiben zur Aufforderung für eine Bewerbung bereits einen Hinweis enthalten, der dies erläutert.
Dokumentation
Aktivitäten, die zur Gewinnung von Frauen im Rahmen von Stellenbesetzungs- oder Berufungsverfahren durchgeführt werden, sollten immer in den entsprechenden Unterlagen (Auswahlvermerke, Sitzungsprotokolle etc.) festgehalten werden. Dies wirkt sich positiv auf die Bewertung der Verfahren unter dem Aspekt der Transparenz und Geschlechtersensibilität aus und verdeutlicht das Commitment der jeweiligen Auswahlkommission.
Insgesamt hilft aktive Rekrutierung dabei, dem Einfluss der (oftmals unbewusster) Verzerrungseffekte, den sog. "Unconscious Gender Bias", zu minimieren.
Unconscious Biases – Online-Tutorial, E-Fortbildung und Kurz-Video
Unconscious Biases?
Einen kurzen Überblick zum Thema Unbewusste Vorurteile bietet dieses 2minütige Video der Universität Köln (barrierearme Version mit Audiotranskription).
Wenn Sie sich für ein Stellenbesetzungsverfahren oder eine Berufungskommission tiefergehender mit der Thematik befassen möchten, empfehlen wir Ihnen das Online-Tutorial zu Gender-Biases im Berufungsverfahren der Universität Heidelberg (3 Audio-Module zu je ca. 15min) sowie die ca. 3 stündige E-Fortbildung "Unconscious Bias "Vorurteile und Stereotype erkennen und reduzieren" der Zentralen Fortbildung Hessen (nach Anmeldung).
Das Erklärvideo zum Thema Unconscious Biases der Universität Köln wurde vom Referat Gender & Diversity Management in Zusammenarbeit mit der zentralen Gleichstellungsbeauftragten konzipiert. Es enthält zur Veranschaulichung beispielhafte stereotype Zuschreibungen und ist in Anlehnung an einen tatsächlichen Diskriminierungsfall entstanden (nach Anklicken des Vorschaubildes werden Sie direkt zum Video bei youtube weitergeleitet; hier geht es zur barrierearmen Version mit Audiotranskription).
Vermeidung von Bias in wissenschaftlichen Urteilsbildungsprozessen – Video und Online-Dossier der DFG
Keine Person darf wegen wissenschaftsfremder Faktoren an einer wissenschaftlichen Karriere gehindert oder davon ausgeschlossen werden
Wissenschaftsgeleitete und damit auch diskriminierungsfreie Urteilsbildungsprozesse sind für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) grundlegend. Sie setzt sich daher für die Vermeidung von Bias (unbewussten und bewussten Vorurteilen) ein. Zu diesem Zweck wurde zum einen ein fünfminütiger Film zu „Vorurteilsfreier Begutachtung“ in deutscher und englischer Sprache produziert. Der Film bietet einen kurzen Einstieg in die Thematik und stellt Gutachter*innen sowie Forscher*innen vor, die von ihren Erfahrungen und über Ansätze berichten, wie sie in ihren Tätigkeiten Bias vermeiden.
Des Weiteren bietet ein Online-Dossier Informationen zur Vermeidung von Bias in wissenschaftlichen Urteilsbildungsprozessen. Darin finden sich konkrete Handlungsempfehlungen, eine Darstellung der entsprechenden prozessualen Rahmenbedingungen des Begutachtungs-, Bewertungs- und Entscheidungsverfahrens der DFG sowie Hintergrundinformationen zum Film.
Der fünfminütige Film der DFG zu „Vorurteilsfreier Begutachtung“ bietet einen kurzen Einstieg in die Thematik. Er stellt Gutachter*innen sowie Forscher*innen vor, die von ihren Erfahrungen und über Ansätze berichten, wie sie in ihren Tätigkeiten Bias vermeiden (nach Anklicken des Vorschaubildes werden Sie direkt zum Video bei youtube weitergeleitet; hier geht es zur barrierearmen Version mit Audiotranskription).
Unterstützende Datenbanken für die Suche nach geeigneten Kandidatinnen:
Weitere nützliche Hinweise finden sich auf der Service-Seite "Wissenschaftler*innen finden" der bukof sowie beim CEWS zum Thema Anti-Bias. O-Töne und Meinungen zu Aktiver Rekrutierung in englischer Sprache gibt es auf AcademiaNet und in der zugehörigen Broschüre.