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Geschlechtergerechte Sprache

Sprechblase mit verschiedenen Begriffen und Beispielen der geschlechtergerechten Sprache
(C) Stefanie Wittich mit wortwolken.com

Die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter ist eine zentrale Aufgabe der Philipps-Universität Marburg. Unsere Sprache ist dafür ein wichtiges Werkzeug. Denn sie macht Menschen in ihrer geschlechtlichen Vielfalt sichtbar oder unsichtbar. Als tägliches Kommunikationsmittel ist sie auf der einen Seite ein Abbild unserer Gesellschaft. Auf der anderen Seite kann Sprache unsere Gesellschaft auch verändern. Eine gender- und diversitätssensible Sprache ist ein Beitrag für eine geschlechtergerechte Universität. Denn sie sorgt dafür, dass Menschen aller Geschlechter wertschätzend angesprochen werden.

2021 hat die Gleichstellungskommission einen Sprach- und Kommunikationsleitfaden für geschlechtergerechte Sprache herausgegeben. Dieser schreibt keine spezifische Sprache vor. Stattdessen regt er zum Nachdenken über die vielfältigen Möglichkeiten aber auch Barrieren in unserer Sprache an. Wir möchten Sie dazu einladen, sich mit den Hintergründen und verschiedenen Optionen geschlechtergerechter Sprache vertraut zu machen. Dazu geben wir Ihnen einen kurzen Überblick über rechtliche und sprachwissenschaftliche Grundlagen. Selbstverständlich finden Sie hier auch praktische Tipps zum Umgang mit sprachlicher Vielfalt. Scheuen Sie sich nicht, alles erst einmal auszuprobieren. Auch Fehler sind erlaubt! Bei Fragen wenden Sie sich gern an das Gleichstellungsbüro. Wir unterstützen Sie gern in Ihrem Engagement für eine geschlechtergerechte Hochschule!

  • Warum geschlechtergerechte Sprache?

    Wer ist Ihr Lieblingssänger? Welcher Schauspieler fasziniert Sie? Welcher Sportler ist aktuell am erfolgreichsten? Wenn Sie jetzt drei Männer vor Augen haben, haben Sie nichts falsch gemacht. Sie sind einem sprachlichen Mythos auf der Spur: dem generischen Maskulinum. Dies ist eine männliche Personenbezeichnung, die als allgemeiner (generischer) Oberbegriff für alle Menschen dienen soll.

    Sprachwissenschaftliche Studien wie diese zu Effekten des generischen Maskulinums und alternativer Sprachformen auf den gedanklichen Einbezug von Frauen zeigen schon seit langem, dass die alleinige Verwendung der männlichen Form oft zu Missverständnissen führt: Lesen wir die männliche Form, denken wir häufig erst einmal an Männer. Unsere Hochschule besteht aber nicht nur aus Männern, sondern aus Menschen unterschiedlicher Geschlechter. Generationen von Frauen und LSBTIQ*-Aktivist*innen haben dafür gekämpft, nicht nur mitgemeint, sondern auch mitgenannt und damit anerkannt zu werden.
    Schließlich verlangen rechtliche Vorgaben wie das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGlG) eine sprachliche Gleichbehandlung: "Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen die Gleichstellung von Frauen und Männern sprachlich zum Ausdruck bringen. Dies gilt auch für den dienstlichen Schriftverkehr" (HGlG § 1, Abs. 2.). Und das schon seit langem: Bereits 1992 hat das damalige Hessische Ministerium der Justiz eine Richtlinie zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Vorschriftensprache veröffentlicht. Ein aktuelles Rechtsgutachten der Universität Kassel be­wer­tet schließlich auch die Vor­ga­be zur Ver­wen­dung ge­schlech­ter­ge­rech­ter Sprache in Prü­fun­gen in be­stimm­ten Fäl­len als zu­läs­sig. Dass geschlechtergerechte Sprache von unserer Verfassung gefordert und damit anzuwenden ist, zeigt ein Rechtsgutachten der Juristin Prof. Dr. Ulrike Lembke:

    "Zur konsequente[n] Umsetzung verfassungsrechtlicher Anforderungen [...] gehört die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ebenso wie die verfassungsrechtliche Anerkennung weiterer Geschlechter jenseits von 'männlich' und 'weiblich'."

    Es gibt also viele gute Gründe für eine geschlechtergerechte Sprache. Wer genau formulieren und alle Mitglieder unserer Universität gleichberechtigt in ihrer geschlechtlichen Vielfalt ansprechen möchte, verwendet daher eine geschlechtersensible Sprache. Das Gute ist: Sie haben die Wahl: Entdecken Sie vielfältige Möglichkeiten der geschlechtergerechten Sprache, probieren Sie diese in Ihrem Arbeits- und Studienalltag aus und leisten Sie so Ihren Beitrag für eine geschlechtergerechtere Philipps-Universität!

  • Geschlechtergerecht formulieren in Wort und Text

    Der Mythos vom generischen Maskulinum hält sich hartnäckig. Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass mit der Verwendung der rein männlichen Form – etwa "Studenten" – alle Studierenden, auch weibliche angesprochen seien. Dieser Irrtum wurde wissenschaftlich mehrfach widerlegt. Um eine Sprache zu verwenden, die alle Menschen in ihrer geschlechtlichen Vielfalt anspricht, haben Sie folgende Möglichkeiten.
    1. Die Doppelnennung reduziert die Sprache nicht allein auf die männliche Form, sondern schließt die weibliche mit ein. So können Sie bspw. von "Studentinnen und Studenten" sprechen.
    2. Die neutrale Formulierung lässt keinerlei Rückschlüsse auf das Geschlecht zu und ist damit für alle Menschen geeignet. Dies ist etwa bei der Formulierung "Studierende" der Fall.
    3. Die Umformulierung hilft Ihnen auch in anderen Fällen weiter. Statt etwa in der Korrespondenz zu schreiben "Alle Studenten werden benachrichtigt", können Sie formulieren: "Sie werden benachrichtigt." Damit kann zugleich eine persönlichere Ansprache gelingen.

  • Doppelnennung

    Die Doppelnennung sorgt dafür, dass zwei Geschlechter sprachlich aufgezeigt werden. Hier haben Sie verschiedene Möglichkeiten:

    Ausführliche Doppelnennung
    Bei der ausführlichen Doppelnennung verwenden Sie die weibliche und die männliche Form verbunden mit einem "und" oder einem Schrägstrich, bspw. "Studentinnen und Studenten", "Verwaltungsfachfrau/Verwaltungsfachmann", "Technikerin und Techniker". Ein großer Nachteil der ausführlichen Doppelnennung ist, dass sie nur zwei Geschlechter abbildet und somit der Geschlechtervielfalt nicht vollständig gerecht wird. Zudem kann sie in gesprochener Sprache und in ständiger Wiederholung eintönig werden. Schließlich kann auch der hohe Platzverbrauch stören.

    Sparschreibung bei Doppelnennung
    Um Doppelnennungen platzsparender und inklusiver zu gestalten, gibt es diverse Optionen der Sparschreibung. Diese bieten sich v. a. für Texte mit vielen Wiederholungen sowie für Formulare an.

    Student/innen Schrägstrich ohne Bindestrich z.B. "jede/r", "Arzt/Ärztin"
    Student/-innen Schrägstrich mit Bindestrich z.B. "jede/-r", "Kauffrau/-mann"
    StudentInnen Großes I/Binnen-I/Binnenmajuskel z.B. "LeserIn", "ProfessorInnen"
    Student*innen Sternchen/Asterisk z.B. "Wissenschaftler*in"
    Student_innen Unterstrich z.B. "Mitarbeiter_in", "Lehrer_in"
    Student:innen Doppelpunkt z.B. "Assistent:in", "Expert:in"
    Student(inn)en Klammer (nicht verwenden, da Frauen nicht ‚ausgeklammert‘ werden sollen)

    Die Sparschreibungen mit Schrägstrich erinnern an die ausführliche Doppelnennung. Sie stellen die weibliche neben die männliche Form. Das Binnen-I macht Frauen in besonderer Weise sichtbar.  Eine relativ neue Variante ist der Doppelpunkt. Innerhalb derer, die sich für eine geschlechtersensible Sprache einsetzen, ist diese Schreibung jedoch umstritten. Die Schreibweisen mit Doppelpunkt, Genderstern und Unterstrich verfolgen das Ziel, Zweigeschlechtlichkeit sprachlich auflösen und Menschen jedweden Geschlechts in gleicher Weise sichtbar zu machen. Der Genderstern wurde im Jahr sogar zum Anglizismus des Jahres 2018 gekürt. Er entspricht in besonderer Weise den Ansprüchen an eine vielfältige und offene Sprache und wird daher in einer Stellungnahme der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen e.V. (bukof) besonders empfohlen.

    Probieren Sie aus, mit welcher Form Sie am besten arbeiten können. Sie werden selbst am besten merken, welche Schreibweise gut zu Ihnen und Ihrer jeweiligen Aufgabe passt.

  • Neutrale Formulierungen

    Es gibt mehrere Möglichkeiten, Sprache geschlechtsneutral zu gestalten. So werden alle Geschlechter angesprochen. Außerdem wird die Häufung von Doppelnennungen oder Schrägstrichen vermieden.

    Substantivierungen bieten sich vor allem für Formulierungen im Plural an, da diese automatisch geschlechtsneutral sind, z.B. "Studierende", "Lehrende", "Vorsitzende" (Partizip I), "Gewählte", "Abgeordnete", "Delegierte" (Partizip II) oder "Ältere", "Große", "Letzte" (Adjektiv).

    Sachbezeichnungen sind geschlechtsunspezifisch, klingen aber manchmal etwas unpersönlich, wie etwa "Leitung" statt "die Leiterin/der Leiter" oder "Professur" statt "der Professor/die Professorin", "Quelle" statt "Informantin", "Presse" statt "Journalisten", "Kollegium" statt "Kollegen".

    Geschlechtsneutrale Ausdrücke zeichnen sich dadurch aus, dass ihr grammatisches Geschlecht nicht mit dem ‚natürlichen‘ Geschlecht übereinstimmt, wie bei "der Mensch", "die Person" statt "der Teilnehmer", "die (Hilfs-)Kräfte" statt "die Helfer", "das Mitglied" oder "das Opfer".

    Kurzwörter werden immer beliebter, wenn es um umgangssprachliche oder knappe Kommunikation geht. Denkbar sind "der/die Prof" statt "der Professor/die Professorin", "die Studis" statt "die Studenten", "der/die OB" statt "die Oberbürgermeisterin", "die SuS" statt "die Schülerinnen und Schüler".

  • Direkte Kommunikation und Anreden

    Die direkte Ansprache ist die höflichste Form der Kommunikation. Meist stellt sich schon zu Beginn die Frage nach der passenden Anrede. "Sehr geehrte Damen und Herren" klingt manchmal etwas altbacken, spricht außerdem nur Frauen und Männer an. Mit "Liebe Frau Müller", könnten Sie auch danebenliegen, wenn Sie nicht wissen, welches Geschlecht die Person mit dem Nachnamen Müller hat. Zum Glück gibt es andere Möglichkeiten:

    Für die persönliche Anrede, z. B. beim Serienbrief, eignen sich folgende Formulierungen: "Guten Tag Dr. Ayşe Yildirim" oder etwas informeller "Hallo Ronja Wittich".

    Bei Unsicherheiten darüber, wie Sie eine Person in der schriftlichen Kommunikation ansprechen sollen, hat sich folgender E-Mail-Footer bewährt: "Weder aus dem Aussehen noch dem Namen lässt sich die Geschlechtsidentität einer Person verlässlich ableiten. Ich freue mich, wenn Sie mir mitteilen wie ich Sie ansprechen darf."

    Für die Anrede von Gruppen nutzen Sie "Liebe/Sehr geehrte Interessierte/Führungskräfte/Beschäftigte/Studierende", "Sehr geehrtes Team/Publikum/Kollegium/Präsidium" oder "Liebe Mitglieder des Fachschaftsrats".

    Mit der direkten Anrede können Sie sich generell knapp und geschlechtsneutral ausdrücken. Dies gilt für Formulare ebenso wie für Hinweise bei Veranstaltungen:
    statt "Der Antragsteller muss das Formular unterschreiben." lieber: "Bitte unterschreiben Sie das Formular."
    statt "Besucher werden gebeten, ihre Taschen einzuschließen." lieber: "Bitte schließen Sie Ihre Taschen ein."
    statt "Unterschrift des Beschwerdeführers:" lieber: "Ihre Unterschrift:"
    statt "Besuchereingang" lieber: "Publikumseingang"
    statt "Antragsteller werden benachrichtigt." lieber: "Sie werden benachrichtigt."

  • Männlich, weiblich, divers: Was ist die dritte Geschlechtsoption?

    Seit Ende 2018 haben Menschen in Deutschland die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister außer den Geschlechtern "männlich" und "weiblich" auch die Option "divers" zu wählen oder das Feld frei zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat nach einer Beschwerde entschieden, dass jenseits des binären Geschlechtermodells ein zusätzlicher positiver Eintrag möglich sein muss, wenn sich eine Person weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnet. Seitdem ist "divers" die dritte Option.

    Unterstrich und das Sternchen bieten Raum für Mehr. Dazu der dgti e. V. und die AG Trans* HoPo in ihrer Broschüre Inter* und Trans* an der Hochschule. Informationen zum
    kompetenten Umgang mit Inter*- und Trans*studierenden für Entscheidungsträger*innen an Hochschulen, S. 18:

    "Es ist […] wichtig, auch die Sprache zu öffnen und neue Wege zu gehen. Denn Sprache verbindet Menschen und kann vielfältige Lebensrealitäten abbilden. Nutzen wir die Chance dies auch zu tun! Der Unterstrich und das Sternchen können z. B. bei hochschulweiten Informationsmails oder in Newslettern an alle Studierende genutzt werden, um eine solche Öffnung abzubilden. Auf diese Weise fühlen sich alle Studierenden angesprochen. Zudem wird dadurch geschlechtliche Vielfalt im Sinne des DiversityAnsatzes bereits auf der Schriftebene etabliert."

    Zur Sprachlosigkeit in Bezug auf diverse Geschlechtsoptionen sagt die Broschüre Inter* & Sprache der deutschen Vertretung der Internationalen Vereinigung Intergeschlechtlicher Menschen (IVIM):

    "Sprachlosigkeit [...] ist das Ergebnis einer sprachlichen Unterdrückung, in der es scheinbar keine Alternativen gibt – zu der verordneten und pathologisierenden Sprache der Medizin oder zu der diskriminierenden und exotisierenden Sprache einer binären Geschlechterordnung. Ohne positive Sprache jedoch lässt sich kein positives Selbstbild entwickeln. Intergeschlechtliche Menschen müssen daher lernen, Auswege aus der Sprachlosigkeit zu finden und Alternativen zu entwickeln."

    Nutzen Sie daher diversitätssensible Sprache, bilden Sie sich weiter z.B. mit dem Glossar des Regenbogenportals und üben Sie sich im zeitgemäßen und wertschätzenden Umgang mit abinären Personen, z.B. mit Hilfe der Handreichung Abinäre Personen in der Beratung – Eine praktische Handreichung für Berater*innen und Multiplikator*innen! Diese ist einer von vielen Bausteinen für eine Hochschule, in der alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht wertgeschätzt werden sowie gut arbeiten und lernen.

  • Geschlechtergerecht und barrierearm

    Inklusion heißt alle einbeziehen. Daher muss bei einer gerechten Sprache neben dem Geschlecht auch auf andere Aspekte wie bspw. Behinderung geachtet werden. Für Menschen mit einer Sehbehinderung kann eine gendergerechte Sprache eine doppelte Barriere bedeuten. Satz- und Sonderzeichen werden in synthetischen Sprachausgaben (Screenreadern) unterschiedlich vorgelesen und können zu Missverständnissen führen.

    "Mitarbeiter*innen" wird durch die meisten Screenreader als "Mitarbeiter Stern Innen" gelesen.
    "Mitarbeiter_innen" wird häufig als "Mitarbeiter Unterstrich Innen" vorgelesen und kann in Blindenschrift schlecht dargestellt werden.
    "Mitarbeiter:innen" wird oft als "Mitarbeiter   innen" mit einer ungewöhnlich langen Pause wiedergegeben, die ein Satzende vermuten lässt. Der Doppelpunkt ist zudem als Interpunktionszeichen etabliert und kündigt einen weiterführenden Satz, eine wörtliche Rede oder Aufzählung an. Dies kann zu Fehlschlüssen führen.

    Auch können Menschen mit einer Sehbehinderung den Doppelpunkt und Unterstrich oft schlecht von anderen Zeichen und Buchstaben unterscheiden.

    Trotz kritischer Haltung gegenüber Satz- und Sonderzeichen befürwortet der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV e. V.) den Genderstern (Asterisk). Auch die Überwachungsstelle des Bundes für Barriefreiheit in der Informationstechnik (BFIT) empfiehlt unter der Maßgabe ihres Auftrages nach §8 BITV, das Gendern mit dem Asterisk. Dieser ist die meistverwendete Form und kommt dem Konsens zwischen Geschlechtergerechtigkeit auf der einen und Barriere-Armut auf der anderen Seite am nächsten. Für detaillierte Informationen lesen Sie auch gerne die vollständige Expertise "Empfehlung zu gendergerechter, digitalbarrierefreier Sprache" von Koehler et al.

    Der Rat für deutsche Rechtschreibung steht der Nutzung von Satz- und Sonderzeichen kritisch gegenüber, da diese nicht den erlernten Orthografie-Regeln entsprechen. Auch Personen mit nicht-deutscher Muttersprache stoßen möglicherweise noch auf zusätzliche Sprach-Barrieren.

    Für Menschen mit kognitiven Einschränkungen sind sowohl der Genderstern als auch der Doppelpunkt und besonders das generische Maskulinum schwer zu verstehen. Alle drei Varianten erfordern eine hohe kognitive Transferleistung, da erst intensiv überlegt werden muss, wie der Text zu verstehen ist.

    Solange es keinen Konsens für eine einzige Variante inklusiver Sprache gibt, ist es nicht sinnvoll, eine solche vorzugeben. Die Verwendung von neutralen Begriffen und Textlösungen (s. oben) ist momentan daher die inklusivste Methode. Sprache und deren Wandel ist für alle Mitglieder einer Gesellschaft eine Herausforderung, jedoch ist eine gendersensible und inklusive Formulierung auch eine Chance, jeder Person respektvoll begegnen zu können.

    Beachten Sie auch die weitergehenden Erläuterungen zur Geschlechtergerechtigkeit und Barrierearmut auf den Seiten der Servicestelle für Studierende mit Behinderungen.

  • In English, please – geschlechtergerecht formulieren auf Englisch

    Entgegen mancher Annahmen gibt es ebenfalls bei der Verwendung des vermeintlich geschlechtsneutralen Englisch einiges zu beachten. Wenn Sie englische Texte verfassen, achten Sie bitte auf folgende Aspekte:

    Nutzen Sie geschlechtsneutrale Formulierungen.
    statt "chairman" => "chairperson"
    statt "mankind" => "humankind", "humanity", "people"

    Nutzen Sie – wie im Deutschen – geschlechtsneutrale Formulierungen über Pluralformen.

    statt "A student should send his / her application." => "Students must send their applications."

    In informellen Texten verwenden Sie das geschlechtsneutrale they (sowie them und their).

    "The new student lost their textbook. If you find it, please return it to them. They would be very grateful."
    "If students need help, they can ask the professor."
    "Is your child adapting to their new environment?

    Schauen Sie bei Anreden und Personenbezeichnungen noch einmal genauer hin. Früher wurde die verheiratete Frau mit "Mrs." ['mɪsɨz], eine ledige Frau jedoch mit "Miss" ['mɪs] (mit scharfem s), dem Pendant zum Deutschen "Fräulein" angesprochen. Diese Zeiten sind vorbei! So wie Sie heute keine Frau mehr als "Fräulein" ansprechen, vermeiden Sie bitte auch die "Miss".

    Seit den 1970ern hat sich im Zuge der Gleichstellung eine neue Bezeichnung etabliert:

    "Ms" / "Ms." [ˈmɪz] mit stimmhaftem ssss, so wie eine Biene summt.

    Während im amerikanischen Englisch ein Punkt hinter "Ms." gehört, verwendet das britische Englisch "Ms" ohne Punkt:

    US-Englisch: "Dear Ms. Thompson" vs. UK-Englisch: "Dear Ms Thompson"

    In der Korrespondenz nutzen Sie auch hier am besten Vor- und Zunamen:

    "Dear Kamala Harris"
    "Dear Bob Andrews"

    Und bei Reden begrüßen Sie am besten mit "Dear guests, …" oder "Dearest colleagues and friends"

  • Geschlechtergerechte Bildsprache

    Rolf K. Wegst (C)
    Rolf K. Wegst (C)
    Rolf K. Wegst (C)


    Geschlechtergerechte Sprache endet nicht beim Text. Viel wirkmächtiger als so mancher Satz und manches Wort sind Bilder und Videodarstellungen. In der digitalen Kommunikation über soziale Plattformen (Facebook, Instagram usw.) werden Bilddarstellungen zunehmend verwendet. Gerade deshalb ist es ganz besonders wichtig, auch dort eine geschlechtergerechte Bildsprache zu verwenden. Bei Arbeiten am CMS beachten Sie bitte immer das Bildkonzept im Redaktionsleitfaden der Philipps-Universität.

    1. Bilden Sie Männer und Frauen gleich häufig ab und achten Sie darauf hin und wieder Personen zu zeigen, deren Geschlecht nicht sofort ‚auf einen Blick‘ zu erfassen sein könnte. Achten Sie darauf, dass Sie dies in allen Statusgruppen tun.
    2. Bilden Sie Männer und Frauen gleichwertig ab. Achten Sie auf gleiche Bildqualität. Achten Sie auf ungefähr die gleiche Größe. Mimik und Gestik sind ausgeglichen. (Nicht: Alle Männer gucken ernst, alle Frauen lächeln.) Bei Gruppenfotos sollten Männer und Frauen ungefähr gleich oft im Vorder- bzw. Hintergrund abgebildet sein. Zudem sollten Frauen oder Männer nicht ausschließlich am Rand   stehen.
    3. Brechen Sie Stereotype auf: Zeigen Sie Menschen in unterschiedlichen und teilweise noch ungewohnten Rollen, z. B. Frauen in den Naturwissenschaften, Männer mit kleinen Kindern!

    Ein Tipp: Um zu überprüfen, ob die Darstellung geschlechtergerecht ist, stellen Sie sich Ihr Bild oder Ihr Video in umgekehrter Geschlechterverteilung vor.

    Zur Vertiefung empfehlen wir die Handlungsempfehlungen für eine diversitätssensible Mediensprache der Goethe-Universität mit zahlreichen Tipps zu Kompositionen in Bild und Video.

    Eine Bitte: Die abgebildeten Fotos zeigen einen Ausschnitt aus der Vielfalt unserer Universität. Für mehr Diversität in der Bildsprache braucht es noch mehr Fotos. Kontaktieren Sie uns gern, wenn Sie Ihr Bildmaterial zur Verfügung stellen möchten.

  • Geschlechtergerechte Stellenausschreibungen

    Stereotype und tradierte Geschlechterbilder begegnen uns häufig im Zusammenhang mit bestimmten Berufen. Sie suchen jemanden für die Administration Ihres Rechnernetzwerks? Bestimmt haben Sie hier sofort ein Geschlecht im Blick. Für das neue Gebäude werden Reinigungskräfte benötigt: Wen haben Sie als Erstes vor Augen?

    ‚Typisch männliche‘ oder ‚typisch weibliche‘ Berufe werden häufig mit spezifischen Eigenschaften in Verbindung gebracht, die automatisch mit ‚Männern‘ oder ‚Frauen‘ verknüpft werden. Dabei sind diese Eigenschaften bei Lichte betrachtet nicht immer für diese Aufgabe notwendig. Solche Vorannahmen verringern die Chance für eine geschlechtergerechte Stellenbesetzung und verengen den Blick auf die Bewerber*innen. Häufig geschieht dies unbewusst und unbeabsichtigt. Manchmal aber auch nicht.

    Um eine geschlechtergerechte Stellenbesetzung zu ermöglichen, die Menschen nicht aufgrund ihres Geschlechts, sondern aufgrund ihrer Fähigkeiten auswählt, gibt es geschlechtergerechte Stellenausschreibungen. Wichtig sind hier vor allem die Ansprache sowie das Tätigkeitsprofil.

    In der Kommunikation mit den Bewerber*innen achten Sie bitte immer auf eine geschlechtergerechte Sprache, am Telefon, in der E-Mail sowie im Auswahlgespräch selbst.

    Ansprache

    Verwenden Sie generell eine geschlechtergerechte, am besten geschlechterneutrale Sprache:

    statt "Projektleiter gesucht" => "Projektleitung gesucht"
    statt "Assistentin der Geschäftsführung" => "Assistenz der Geschäftsführung"

    Wo eine neutrale Formulierung nicht möglich ist, verwenden Sie eine Sparschreibung und ergänzen diese durch den Zusatz "(m / w / d)".

    statt "Verwaltungsfachangestellter" => "Verwaltungsfachangestellte*r (m / w / d)"
    statt "Ingenieur" => "Ingenieur_in (m / w / d)"

    Keinesfalls sollte allerdings nur die männliche Form in Kombination mit "m / w / d" verwendet werden.

    statt "Koch (m / w / d)" => "Koch/Köchin (m / w / d)"

    Diese Regeln gelten übrigens nicht nur für die Überschrift, sondern für den gesamten Text der Anzeige.

    statt "Der Bewerber sollte Auslandserfahrung mitbringen." => "Wir erwarten Auslandserfahrung."
    statt "Die Stelleninhaberin ist zuständig für …" => "Sie sind zuständig für …"

    Tätigkeitsprofil

    Zahlreiche Studien zeigen: Weibliche Personen bewerben sich meist erst dann, wenn sie denken, dass sie zu einem sehr hohen Prozentsatz dem Anforderungsprofil entsprechen. Männliche Personen dagegen versuchen ihr Glück auch bei Stellen, deren Anforderungen sie nur in geringerem Maße erfüllen.

    Halten Sie daher eine Stellenbeschreibung so offen wie möglich und so konkret wie nötig!

    Die Forschung zeigt zudem, dass sich Stellenanzeigen für männlich dominierte Felder häufig durch sogenannte agentische Formulierungen auszeichnen. Begriffe wie "ambitioniert", "einflussreich" oder "leistungsorientiert" führen demnach dazu, dass sich Frauen weniger angesprochen fühlen und sich weniger bewerben, selbst wenn sie ambitioniert, einflussreich oder leistungsorientiert sind. Der Verzicht auf solche Wörter führt laut der Studien jedoch nicht dazu, dass sich weniger Männer bewerben.

    Die Formulierung Ihrer Stellenausschreibung können Sie z. B. mit dem Gender Decoder der TU München überprüfen.

    Aufgrund der Überrepräsentanz von Männern in vielen wissenschaftlichen Feldern und Positionen ist es im Sinne einer Bestenauslese häufig die Aktive Rekrutierung von Wissenschaftlerinnen und anderen nicht-männlichen Personen notwendig.

  • Info-Pool und Beratungsangebote

    Das Büro der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten bietet Beratung bei Fragen zur geschlechtergerechten (Bild-)Sprache.

    Gern entwickeln wir passgenaue Schreibworkshops und Coffee Lectures für Ihre Zielgruppe. Bei Interesse an unseren Fortbildungsangeboten wenden Sie sich bitte an stefanie.wittich [at] verwaltung.uni-marburg.de

    Nutzen Sie auch das vielfältige Fortbildungs- und Beratungsangebot der Antidiskriminierungsstelle für Studierende. Hier gibt es Kurz-Inputs, Vorträge, Workshops, Zukunftswerkstätten oder open space Veranstaltungen zu Empowerment für Menschen mit Diskriminierungserfahrungen, Umgang mit heterogenen Gruppen, diskriminierungssensibler Sprache, Veranstaltungsplanung und Beratung, Erstberatung bei Diskriminierungserfahrungen, Awareness Konzepte und vielen weiteren Themen.

    Nutzen Sie auch weitere Handreichungen wie
    https://geschicktgendern.de/, das Genderwörterbuch oder
    https://www.genderleicht.de/ mit nützlichen Tipps & Tools für diskriminierungsfreies Schreiben und Sprechen.

    Besonders hervorheben möchten wir

    die Broschüre "Geschlechtergerecht in Sprache und Bild" der Universität Kassel,
    den Sprach- und Kommunikationsleitfaden "Gender und Diversität" der Hochschule Fulda,
    den GEND-O-MAT der Bauhaus-Universität Weimar sowie
    das Journal Geschlechtergerechte Sprache der Reihe Aus Politik und Zeitgeschichte von der Bundeszentrale für politische Bildung.

    Wenn Sie unsere Info-Karte: Sprache prägt das Denken (s.o.) bestellen möchten, wenden Sie sich bitte an nina.schumacher [at] verwaltung.uni-marburg.de