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Landgraf Philipp von Hessen - Philipp der Großmütige
Landgraf Philipp von Hessen galt in seiner Zeit mit seinem alle Grenzen überschreitenden Engagement für die protestantische Sache europaweit als einer der bedeutendsten Verbündeten Martin Luthers. Er machte Hessen zu einem Zentrum der Reform, die nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens verändern sollte und bis heute nachwirkt.
Der 1504 im Marburger Landgrafenschloss geborene und 1567 in Kassel verstorbene Landgraf trägt den Beinamen Magnanimus – der Großmütige –, der die umfassende Wertschätzung, die ihm von den Reformatoren, seinen europäischen Verbündeten und nicht zuletzt auch von seinen Landsleuten zugestanden worden ist, signalisiert.
In Philipps Biographie bündeln sich nahezu alle großen Umwälzungen am Beginn der Neuzeit: Nach dem frühen Tod seines Vaters Wilhelm II. übernahm der erst Vierzehnjährige 1509 die Regierung. Unter seinem Vater hatte Hessen im Jahre 1500 durch die Zusammenführung des Niederfürstentums (Hessen-Kassel) und des Oberfürstentums (Hessen-Marburg einschließlich der ehemaligen Grafschaften Ziegenhain und Katzenelnbogen) seine bis dahin größte Ausdehnung und Macht erlangt. Unter Philipp blieb die Landgrafschaft noch ein halbes Jahrhundert vereint, um nach seinem Tode in mehrere selbstständig regierende, später zum Teil ausgestorbene Linien geteilt und politisch entsprechend geschwächt zu werden. Die Scheidung in einen Kasseler und einen Darmstädter Landesteil mit jeweils eigener geschichtlicher Entwicklung blieb bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs bestehen.
Der junge Landgraf führte ab 1524 die Reformation in Hessen ein. Im Einverständnis mit den Reformatoren löste Philipp zum Zwecke des „gemeynen Nutz“ die Klöster Hessens auf und gründete an deren Stelle neue Schulen und Hospitäler, die noch heute bestehen. 1527 gründete er auf dem wirtschaftlichen Fundament ehemaligen Klosterbesitzes in Marburg die erste Universität des Hessenlandes, zugleich die zweitälteste protestantische überhaupt (die älteste protestantische Universität hat 1526 bis 1530 im schlesischen Liegnitz bestanden).
Eben 25-jährig glaubte er, die theologischen Streitigkeiten der evangelischen Wortführer in einem international besetzten „Religionsgespräch“ schlichten zu können, schuf eine eigene Kirchenordnung, reformierte seine Landesverwaltung von Grund auf und kämpfte gegen kaiserliche Truppen, rebellische Ritter und aufständische Bauern. Auf den Speyerer Reichstagen 1526 und 1529 wurde Landgraf Philipp zu einem Führer der Protestanten und ihrer Kampforganisation, des Schmalkaldischen Bundes (1531). Nach der militärischen Niederlage des Bundes gegen Kaiser V. verbrachte Philipp fünf Jahre in kaiserlicher Gefangenschaft (1547-1552). Zum Abbau seiner politischen Stellung hat wesentlich beigetragen, dass der seit 1540 eine Doppelehe geführt hatte.
Klein sei er von Person, womit Luther und andere seiner berühmten Zeitgenossen aber mehr den Machtbereich seines Hessenlandes als seine Körpergröße meinten. Vermessen schien deshalb vielen sein Ehrgeiz, verwegen sein Mut, skrupellos und revolutionär seine Politik, die sich auf weite Teile Europas richtete. Zu seinen mächtigsten Feinden zählten Kaiser und Papst, zu seinen engen Verbündeten der glanzvolle Königshof in Frankreich und die protestantischen Fürsten von Sachsen und Württemberg, denen er als militärischer Hauptmann voran ritt.
Philipps Testament zog die Teilung Hessens unter die vier Söhne aus seiner Ehe mit Christine von Sachsen nach sich: Wilhelm IV. erhielt Hessen-Kassel, Ludwig IV. Hessen-Marburg, Philipp II. Hessen-Rheinfels und Georg Hessen-Darmstadt.