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Dr. Irmgard Stamm

Foto: Christian Stein

Die Silberjubilarin Dr. Irmgard Stamm hat 1995 an der Philipps-Universität Marburg promoviert. Irmgard Stamm war u.a. im hessischen Staatsarchiv tätig und wurde später Kreisarchivarin für Rastatt. An der Albert-Ludwig-Universität in Freiburg studierte Dr. Stamm osteuropäische Geschichte und verbrachte einen Forschungsaufenthalt in Sankt Petersburg. Danach folgte 1995 ihre Promotion in Marburg über das Thema „Leben an der Grenze“. Seit 2018 ist Irmgard Stamm als Geschichtsvermittlerin in der "Bundesarchiv Erinnerungsstätte für Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte" aktiv. 2013 veröffentlichte Sie den Reise- und Stadtführer "Rastatt zum Kennenlernen". Im November 2022 wurde Dr. Irmgard Stamm von der Philipps-Universität Marburg als Silberjubilarin geehrt.

Was fällt Ihnen spontan zu Marburg ein?

Vor allem eine Zeit der vielfältigen Anregungen, Bekanntschaften und auch der Freiheit.

Wo haben Sie damals gewohnt?

Ich habe immer in Straßen gewohnt, die woanders hinführten: erst in der Gisselberger Straße 2, dann 21, dann zwischendurch in Goßfelden - Marburger Straße und die längste und schönste Zeit in Marburg, in der Frankfurter Straße.

Warum haben Sie gerade an der Phi­lipps-Universität studiert?

Ich war Archivarin des gehobenen Dienstes im Staatsarchiv und sah keine Veranlassung, aus Marburg wegzugehen.

Warum haben Sie sich für Ihren Studiengang entschieden?

Im Staatsarchiv erlebte ich, wenn Studierende mit Herrn Studienrat i.H. Alfred Höck über die Alltagskultur, Dialekte, Sozialstrukturen in Dörfern oder Minderheiten im hessischen Raum sprachen. Das brachte mich zum Fach Europäische Ethnologie und Kulturwissenschaften (früher "Volkskunde", was kürzer und einfacher ist).

Was war Ihr damaliger Berufs­wunsch?

Zunächst wollte ich in einem Museum arbeiten, das hätte gut zu meinem Archivarsberuf gepasst.

Wie haben Sie Ihr Studium finan­ziert?

Ich gab den Beamtenstatus auf und konnte halbtags als Angestellte im Archiv arbeiten, so war ich finanziell unabhängig. Andererseits konnte ich an der Uni nicht alles mitmachen, wenn ich Dienst hatte.

Was haben Sie neben dem fachlichen Wissen gelernt?

Eigenes Urteilsvermögen, das genaue Hinsehen und Hinhören. Große Sprüche von linken oder grünen "Wellenreitern" wurden durch ihr eigenes Handeln widerlegt, dasselbe erlebte ich bei frauenbewegten Frauen. Intoleranz gegenüber Andersdenkenden kam oft vor, auch Oberflächlichkeit: manche Demos hatten Feten-Charakter, man ging hin um Leute zu treffen, nicht wegen des Ziels. Aber gerade das regt einen ja an, es selbst besser (oder ehrlicher) zu machen. Und es gab in meinem Umfeld auch undogmatische, überzeugende Menschen.

Haben Sie sich neben dem Studium engagiert?

In der Geschichtswerkstatt. Immerhin steht das ehemalige Gefängnis in der Wilhelmstraße noch - ob unsere Broschüre "Vom Knast zum Knastpalast" dazu beigetragen hat, weiß ich nicht.

Zu welchem Thema haben Sie Ihre Promotion verfasst?

"Leben an der Grenze. Auswirkungen der Grenzlage zum Elsass auf die Bewohner von Rastatt und Umgebung zwischen 1918 und 1945."

Was ist Ihre schönste Erinnerung an Ihre Studienzeit?

Das Leben in der Wohngemeinschaft mit tollen Gesprächen, Feiern und immer viel Musik. Die interessanten Exkursionen nach Berlin, in das Elsass, nach Steyr/Österreich. Aber auch "Feldforschung" auf dem Marburger Flohmarkt, die Ausstellung "Kriegserinnerungen Marburger Frauen" u.v. mehr.

Was waren Ihre Lieblingsorte in Marburg?

Die Lahnwiesen, die "Kogge" und das "Quod" in der Frankfurter Straße, Café Vetter bei "Literatur um 11", die "Cavete" am Steinweg ...

Was würden Sie als Studienanfänge­r heute anders machen?

Ich würde mich heute nur dem Studium widmen, ohne daneben zu arbeiten, und ich würde an einem Stück alles zu Ende bringen, einschließlich Promotion. Allen Studienanfängern rate ich: macht nur eins und das richtig!

Wie sind Sie zu Ihrem heutigen Beruf gekommen?

Die Devise der Geschichtswerkstatt "Grabe, wo Du stehst" hat mich in Rastatt auf die Spur der Revolution von 1848/49 gebracht. Als Geschichtsvermittlerin am Bundesarchiv-Erinnerungsstätte für Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte kuratiere ich zum 175jährigen Jubiläum die Ausstellung "Schicksalsorte und Lebenswege der Achtundvierziger. Bilder aus der Privatsammlung Dieter Ante." Der Leihgeber, Dr. Ante aus Winterberg, hat übrigens auch mal in Marburg Geschichte studiert, bevor er Mediziner wurde.

Sind Sie noch ab und zu in Marburg?

Gelegentlich ja, auch wegen der Nähe zu meinem Heimatort Schweinsberg.