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„Gesellschaft im Wandel – Wandel in der Lehrkräftebildung? Große gesellschaftliche Herausforderungen als Querschnittsthemen in der Lehrkräftebildung“
Bilanzierungstagung des Projekts ProPraxis am 30.06.2023 und 01.07.2023 an der Philipps-Universität Marburg (UMR)
Die Bedeutung großer gesellschaftlicher Herausforderungen insbesondere für die Schulen und damit für die Lehrkräftebildung hat inzwischen auch Eingang in die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen der Länder gefunden. Spätestens mit der Novellierung des hessischen Lehrkräftebildungsgesetzes (HLbG) werden Querschnittsthemen als gesellschaftliche und curriculare Herausforderung verstanden und haben eine neue Verbindlichkeit und Aufmerksamkeit erhalten. Sie betreffen sowohl die universitäre, wissenschaftliche Praxis als auch die darauf bezogene Unterrichtspraxis in der Schule – und damit zwangsläufig die Lehrkräftebildung, die an der Schnittstelle beider Felder agiert. Das durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung geförderte Marburger Projekt ProPraxis greift diese Herausforderung seit den Anfängen auf und befindet sich nun am Ende der zweiten Förderphase, in welcher der Schwerpunkt der curricularen Weiterentwicklung exemplarisch bei den Themenfeldern Heterogenität und Digitalisierung lag.
Im Rahmen der Bilanzierungstagung am 30.06.2023 und 01.07.2023 wurde die bisherige Arbeit im Projekt ProPraxis mit besonderem Fokus auf Querschnittsthemen bilanziert und um weitere Perspektiven anderer QLB-geförderter Standorte, Projekte und internationaler Wissenschaftler*innen erweitert. Kati Hannken-Illjes (Bild), Vizepräsidentin für Bildung der UMR, eröffnete die Tagung mit einer Bilanzierung und Würdigung der bisher im Projekt erreichten Meilensteine: die Entwicklung und Implementierung der Marburger Praxismodule (MPM) samt neuer Studien- und Prüfungsordnung, die Weiterentwicklung der „Eignungsberatung“ zur „professionsbezogenen Beratung“ für die Studierenden und die Reorganisation des Zentrums für Lehrkräftebildung. Die Novellierung des HLbG hat die Herausforderung, im Studiengang Modelle zur systematischen Integration von Querschnittsthemen zu entwickeln gestützt. Sie wurde als eine der zentralen Fragen auf der Bilanzierungstagung diskutiert.
Die gleichermaßen kurzweilige wie inspirierende Keynote von Rev. Dr. Gordon S. Mikoski (Bild) (Princeton Theological Seminary) mit dem Titel „Educating for Democracy 3.0: Pedagogies of Dialectical Imagination in the Arts and Sciences” stellte eine sehr gelungene Verknüpfung von Zeitdiagnose und -kritik sowie Lösungsansätzen dar: Gordon Mikoski analysierte amerikanische Demokratieverständnisse mit einem Schwerpunkt auf der Diskrepanz zwischen Programmatik und Praxis, um dann mit John Deweys Theorie Lösungsansätze für neue Formen von Demokratie und Demokratiebildung vorzuschlagen.
Die anschließenden Workshops erweiterten den thematischen Rahmen um weitere Querschnittsthemen in unterschiedlichen Fachbezügen, zum Beispiel nachhaltige Entwicklung in der Mathematik, Demokratiebildung in der Lehrkräftebildung, Design-Thinking und Szenario Methode. In einer abschließenden Zusammenführung (Bild) wurden die Ergebnisse aus den Workshops vorgestellt und zusammengeführt. Fragen, die sich im Rahmen der Workshops aufgetan hatten, wurden festgehalten und am Samstag im World Café (s.u.) erneut aufgegriffen.
Der Gesellschaftsabend (Bild) im „Rotkehlchen“ bildete einen gelungenen Ausklang für den ersten Tag der Tagung. Unter dem Motto „Wir können Wandel!“ haben ausgewählte historische Persönlichkeiten aus ihrer Zeit und Perspektive und durchaus selbstironisch in kurzen Tischreden über ihr eigenes Leben und gesellschaftlichen Wandel gesprochen. Zu Wort kamen unter anderem Martin Luther - verkörpert durch Evelyn Korn (Vizepräsidentin für Universitätskultur und Qualitätssicherung), Ferdinand Stiehl (durch Sebastian Müller, Leiter des Zentralen Prüfungsbüros am ZfL) oder auch Wolfgang Klafki (durch Manuel Hermes, Referent im Bereich Studienorganisation).
Am Samstagvormittag ging es weiter mit der zweiten Workshopphase mit fachspezifisch und fachübergreifenden Angeboten zur Bearbeitung von Querschnittsthemen: Sprachgeschichte digital, informatische Bildung, Integration von Querschnittsthemen in der Religionslehrkräftebildung, Mathematik angesichts von Menschheitsherausforderungen sowie ein englischsprachiger Workshop zum Thema „citizenship and female activism“. Im direkten Anschluss hielt Dr. Yalız Akbaba (Bild) (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) eine Keynote mit dem Titel „Was heißt hier eigentlich „Herausforderung“? Pädagogische Professionalisierung unter Bedingungen von Klassismus und Rassismus“. Anhand zahlreicher Literatur- und Theoriebezüge, eigener Forschungsergebnisse sowie eines konkreten Fallbeispiels verdeutlichte Yalız Akbaba die Dynamiken von Klassismus und Rassismus sowohl strukturell-institutionell als auch in konkreten Interaktionen. Die anschließende lebendige Diskussion spiegelte das Interesse des Auditoriums wider.
In der Postersession (Bild) haben 17 Projekte ihre Arbeiten zum Thema Querschnittsthemen in der Lehrkräftebildung vorgestellt und den Austausch zwischen Vertreter*innen unterschiedlicher Standorte und Projekte angeregt. Im anschließenden World Café kamen die Teilnehmenden noch einmal für ein gemeinsames, interdisziplinäres Weiterdenken an verschiedenen Tischen zusammen. Die übergeordneten Tischfragen lauteten: Welche Kompetenzen brauchen Lehramtsstudierende? Was ist der Beitrag der Lehrkräftebildung für Transformationsprozesse an Schulen? Wer ist zuständig für die Implementierung von Querschnittsthemen – die Fächer/Fachwissenschaften und -didaktiken, die Bildungswissenschaften, die unterschiedlichen Phasen (Studium, Vorbereitungsdienst, Fort- und Weiterbildung)? Die Diskussionspunkte wurden auf Plakaten dokumentiert.
Den Tagungsabschluss (Bild) bildete eine thematische Zusammenführung der Ergebnisse aus der zweiten Workshopphase sowie ein pointiertes Statement von Abdulmuttalip Erduran (FH Bielefeld), der als critical friend eine juristische Perspektive einbrachte und in den Schulen und der Lehrkräftebildung Anstrengungen einforderte, Bildungsteilhabe für alle zu ermöglichen.
Weitere Informationen zur Tagung, den Call sowie das Programm finden Sie auf der Tagungswebsite unter:
https://www.uni-marburg.de/de/zfl/projekte/propraxis/bilanzierungstagung-propraxis-2023
Ansprechpartnerinnen:
Asja Lengler
Projektkoordination "ProPraxis"
ZfL | Zentrum für Lehrkräftebildung
Bunsenstraße 2
35032 Marburg
E-Mail: lengler@uni-marburg.de
Dr. Nina Meister
Wissenschaftliche Koordination ProfiLab
ZfL | Zentrum für Lehrkräftebildung
Bunsenstraße 2
35032 Marburg
E-Mail: nina.meister@uni-marburg.de