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Chiralitätsanalyse an „fliegenden Elefanten“

Physikochemiker haben eine neue Methode zur Analyse molekularer Chiralität von Aminosäuren entwickelt, die auf der Kombination von Elektrosprayionisation (ESI) mit Nachweis des Photoelektronencirculardichroismus in einem Massenspektrometer beruht.

Die Analyse molekularer Chiralität erfährt nach wie vor große Aufmerksamkeit. Chiralität ist eine Eigenschaft von Objekten, die durch die Abwesenheit einer Rotationsspiegelachse definiert ist. Dies ist auf makroskopische Objekte anwendbar, ist aber vor allem für Moleküle bzw. Materie wesentlich, die durch molekulare Eigenschaften geprägt sind. Alle natürlichen Aminosäuren und Zucker sind chiral, ferner praktisch alle Pharmazeutika. Oft ist nur eine der Enantiomeren Formen bioaktiv bzw. hat den gewünschten pharmakologischen Effekt. Deshalb ist die Analyse molekularer Chiralität immer noch eine große Herausforderung in der analytischen Chemie.

Während Synthesechemiker traditionelle Analyse-Techniken wie chirale Chromatographie oder Diasteromerenbildung bevorzugen, wenden Physikochemiker gerne optische Verfahren für die Chiralitätsanalyse an. Hier haben die vergangenen Jahre enormen Fortschritt bei der Messung des CD in der Ionisations-Massenspektrometrie (PICD) oder in der Winkelverteilung von Photoelektronen (PECD) gebracht, auch hinsichtlich koinzidenter Kombinationen beider Methoden.

Alle diese Techniken waren bisher auf kleine Moleküle begrenzt, die einen hinreichenden Dampfdruck für eine Gasphasenanalyse aufweisen. Was fehlte war eine Weiterentwicklung, die es gestattet PICD oder PECD an Molekülen mit biologischer Relevanz zu messen, also „molekularen Elefanten“, wie es der Nobelpreisträger J. Fenn nannte. Mit diesem Wort-Zitat ist klar, wo die Lösung liegt. Es wird eine Kombination von Elektrosprayionisation (ESI) mit einer chiroptischen Analyse gesucht. Genau dies wird in dem jetzt in Angewandte Chemie publizierten Manuskript demonstriert. Die Kombination von ESI mit PECD Analyse gestattet es die Enantiomeren von Glutaminsäure und DOPA () eindeutig zu unterscheiden, zwei Moleküle, die ohne ESI kaum in die Gasphase gebracht werden können.

Zu dem Zweck wurden Anionen von GLU und DOPA in die Quelle eines Chiralitäts-Spektrometers gesprayt, wo die entsprechenden Elektronen und Ionen nachgewiesen wurden, letzteres mit Massenanalyse. Die Elektronen werden aus den Anionen mittels Photodetachment freigesetzt, mit dem subtilen Vorteil, dass keinerlei Resonanzbedingungen die Anwendbarkeit erschweren. Da ESI grundsätzlich kaum einer Größenbeschränkung unterliegt – es sind bereits ganze Viren gesprayt worden – kann für den hier beschriebenen Ansatz eine sehr breite Anwendung auf Materie, die durch molekulare Eigenschaften geprägt ist, erwartet werden.

Quelle:

Peter Krüger, Karl-Michael Weitzel, Angewandte Chemie, im Druck
doi.org/10.1002/anie.202107150, bzw. doi.org/10.1002/ange.202107150